bis Dienstag, 23. Oktober 2012
Mann-o-Mann, hier kann man's aushalten! Auch wenn der Strandsand am Sandstrand nicht immer klinisch rein ist - sondern durchsetzt von angeschwemmten Holzresten, ganz bissel Müll und Kuh-Hinterlassenschaften -, auch und vielleicht gerade dann. Auch wenn man mal von zähnefletschenden Hunden am Half Moon Beach eingekesselt ist und in Panik verfällt. Auch wenn das Wasser wegen dem Sand darin quasi undurchsichtig ist.
ein Delfi
nochmal zum Paradise Beach
Im Großen und Ganzen ist hier eine stetig wechselnde internationale Tourist Community anwesend, die ihre eigene Authenzität erzeugt. Angenehm bis verstörend, tierisch interessant bis tierisch durchschaubar. Irgendwo zwischen lecker faul und relaxed vibrierend.
Das ist zwar nicht authentisches Indien, aber um das zu haben, muss man nur mal eben nach Gokarna fahren, oder via Kudle Beach rüberwandern.
kleine Krebse machen Sandkügelchen am Kudle Beach
Eine Libelle hämmert sich herzzerreißend seit einer halben Stunde an einer Wand den Kopf ein. Diese sonst so aufregend navigierenden Geschöpfe... Sie ist ganz offensichtlich nicht mehr fähig, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Käpt'n, sie kann den Kurs nicht halten! Ich gebe ihr den Gnadenstoß mit meiner Badelatsche. Ein schwarzer Streuner, angelockt durch die beiden Schläge mit der Badelette, riecht kurz an den Überresten. Zwei Minuten später variieren die ortsansässigen Ameisen schon den Standard-Recycling-Plan für solche Großbaustellen. Angepasst an die lokalen Begebenheiten.
Einsiedlerkrebse - gleich wieder zurück ins Meer
Sandformationen
Es gibt hier so viele herrausstechende Persönlichkeiten unter den Einheimischen, dass man sie gar nicht alle kennen lernen kann. Santos, der versuchte Frauenversteher, immer mit Interesse am Wohlergehen der Langzeittouristen. Dias, same-same but different, gerne und gekonnt verarscht er uns auf freundschaftlicher Basis. Ana, naturbreit und gesprächig. Jimmy, der perfekte Gastgeber, der in Gegenwart seiner Großmutter, Frau und Kinder von morgens bis abends am Chillum saugt. Der Ananas-Mann und der humpelnde Tinnefverkäufer. Ein Mikrokosmos voller Nettigkeiten.
Graffiti am Paradise Beach
Das nahe Goa schwappt erkennbar auf Gokarna über, und es ist nur eine Frage der Zeit, wann die Unterschiede zu Goa verschwunden sind.
Vor ein paar Tagen fing das Meer plötzlich an zu brodeln wie verrückt. Gute 200 qm der Oberfläche nahe der Felsen waren in Aufruhr. Ein riesiger Fischschwarm ist wohl von unten durch Delphine Richtung Felsen getrieben worden. Sie sprangen aus dem Wasser in völliger Panik. Es müssen hunderttausende gewesen sein. Ein kleinerer Teil brach aus und schwamm Richtung Strand. In ihrer Notlage sprangen tausende ans Land und die Leute von den Gästehäusern begannen gleich, die Fische einzusammeln. Ein paar Touris haben angefangen die Fische wieder ins Meer zu werfen. Und genau diese haben sicherlich dann am Abend gegrillten Fisch und Fishcurry bestellt. Am nächsten Tag lagen dann hunderte Tote Fische am Strand, obwohl am Vortag wirklich alle eingesammelt wurden. Mit offenen Mündern lagen sie da und sind wohl vorher irgendwo an Land erstickt. Die Flut in der Nacht hat sie dann sicherlich geholt und am Strand abgelegt.
Lemminge
Reisernte
Wenzel und Stefan sind zu guten Freunden geworden. Und wenn man zusammen auch mal einfach die Klappe halten kann, ist das schon ein gutes Zeichen. (Pulp Fiction lässt grüßen, aber das wussten wir doch schon davor, ne wahr?) Wenn ich alle Leute besuche, die ich besser kennengelernt habe, wird das schon eine kleine Europatour werden :)
Reisfeld hinterm Guesthaus
meine Hütte
Und trotzdem habe ich mich entschieden, hier vorzeitig abzukacheln. Also bevor es nach Bali weitergeht, wenigstens noch einen anderen Ort in Indien aufzusuchen. Dienstag, den 23. Oktober geht es per Flieger weiter: Auf nach Varanasi! 2000 Kilometer nord-östlich von Gokarna und meinem beschaulichen Om Beach. Dort, wo im Ganges deutsche Grenzwerte um das tausendfache überschritten werden. Dort, wo im Ganges Klamotten und Kühe gewaschen, sich gebadet und an den Ufern Leichen verbrannt werden. Auf zu neuen Verrückten! Ich bin gespannt.
Nach 17-stündiger Zugfahrt mit besoffenen Indern, kleinen Küchenschaben und ein wenig rumpeligem Schlaf, kam ich zu unchristlicher Uhrzeit - nämlich 3:30 morgens - auf dem Bahnhof von Kumta an. Ein Autorickschafahrer (Tuk-Tuk) klemmte sich das Bündel Schlafentzug, welches ich war, unter den Arm und legte es auf dem Rücksitz ab. Gokarna, bzw. Om Beach, war ja gleich um die Ecke, dachte ich. Je nach Zoomstufe zumindest.
Gedraengel im Zug
Die 35 Kilometer von Kumta bis nach Gokarna haben dann aber fast zwei Stunden gedauert. Die Straße ist sowas von dermaßen hinüber und die Rickscha war in keinem besseren Zustand... Bei der kleinsten Steigung nudelte der Motor sich im ersten Gang die ölige Seele aus dem Leib und die Schlaglöcher mussten in Sekundenbruchteilen entdeckt und umrundet werden, da die Batterie kaputt war und dadurch das Licht des Scheinwerfers in direkter Abhängigkeit zur Motordrehzahl stand. Mann, das war echt ein Haufen Altmetall, diese Gehhilfe.
Gokarna Beach weit weg
Den Weg runter zum Om Beach verweigerte der Fahrer dann, denn seine ausgelutschten Bremsen würden das nicht mitmachen. Das ist diese Art von Ansage, bei der man lieber keine Überredungskünste anwendet, sondern sich dem Schicksal hingibt. Also hieß es umsteigen, und plötzlich war alles ganz gemütlich, gefedert, rasant und mit Musik. Ich hatte echt die schlimmste Karre im Staate Karnataka erwischt. Und danach die wohl allerbeste.
Sonnenuntergang
Sonnenaufgang
Nun bin ich seit zwei Wochen hier am Om Beach und habe alle meine Indienpläne über den Haufen geworfen. Das Land ist zu groß, ich kapituliere genüsslich vor vierstelligen Kilometerzahlen und zweistelligen Durchschnittsgeschwindigkeiten. Meine Pläne waren wohl doch eine Terz zu ambitioniert für zwei Monate. Nun kann man zwei Dinge machen: a) neu planen (ein Plan ist ein Plan, und deshalb ist das möglich) oder b) den Plan wegschmeißen und sich auf den Moment einlassen. Ich entschied mich für das mit dem Moment.
Badezimmer?
Stefan aus Ingolstadt ist jetzt schon seit sechs Wochen hier am Om Beach und ist auch nicht mehr wegzubekommen. Er ist zum Einen der Guru hier, weil er alles weiß, was es hier zu wissen gibt und zum Anderen ein wahrer Großmeister im Verschieben von Weiterreiseterminen. Am gleichen Tag wie ich, kam Wenzel aus Liechtenstein hier an, und wir drei hängen jeden Tag zusammen und äußerst gekonnt ab.
Kuehe am Strand machen Heiligen Stuhl
alter Fischer
Gandhi lebt
Andere Touristen kommen und gehen - Vinod, Marlene, Felix, nochmal Felix, Anna, nochmal Anna, Darren, Abi, Shafal, Michael, Sooraj und wie sie alle geheißen haben mögen. Wir bleiben. Wir sind der Fels in dieser speziellen Brandung, die zu 90 Prozent aus indischen Wochenend-Sauftouristen, Bier- und Vollzeitphilosophen aus Bangalore, deutschen Voluntären, Dauerkiffern und Pillenschmeißern aus Israel und den normalen anderen Touristen in ihren ach-so-indischen Zirkusklamotten, die hier sonst niemand tragen würde, besteht.
Om Beach
Touris
Es gibt hier noch einige Strände drumherum, die man auf Wanderungen erkunden kann. Ab durch den Dschungel und über die Klippen, das macht Bohne! Am Paradise Beach - der dritte linker Hand - stehen die alten Ruinen einer Touristenstadt, die vor zwei Jahren abgerissen wurde. Hier ist man teils ganz alleine, teils kommen andere Touristen um die Ecke.
Half Moon Beach
auf dem Weg zum Paradise Beach
Ruinen am Paradise Beach
Paradise Beach
wir bauen uns unsere eigene Tempelanlage
Vor fünf Tagen, auf einer Wanderung zum Paradise Beach, habe ich hier das erste Mal Delphine gesehen. Seitdem gab es keinen Tag ohne Delphinsichtung. Sie sind zwar weit draußen, aber es ist trotzdem jedes Mal bewegend, sie zu sehen.
seit 23 Jahren am Paradise Beach
durch den Dschungel
Sandformationen
endloooos
Rueckweg
Die meisten Tage verstreichen einfach in totaler Ruhe und dann ist es schon große Action, wenn zuerst ein Fisch vom Himmel fällt, danach ein Inder kotzt, ein anderer Touri zugedröhnt umkippt und dann auch noch zum krönenden Abschluss eine Kuh am Strand in Ohnmacht fällt!
Royal Enfield - Bullet
Natürlich bin ich auch ein bisschen Moped gefahren. Ein Geocache in drei Stunden Entfernung bot sich an, wollte sich aber nicht finden lassen. Dafür gab es einen grandiosen Strand und einen Hindutempel mit gigantischer Shiva-Statue als Trostpflaster.
Mega Shiva
Muscheln
THE beach
Achtung! Religion!
Ganesh Fest
Gokarna selbst, ist die hinduistisch anmutendste Stadt, die ich bisher gesehen habe. Männer mit orangenen Tüchern, Malereien auf der Straße, bunte Häuser, Kühe, Kühe, Kühe. Durch die Stadt zu laufen, ist wirklich ein Erlebnis.
Gokarna City Ride
Gokarna
Gokarna
Gokarna
Gokarna
Gokarna Beach
Gokarna
Gokarna Pond
Mit Abi und Shafal aus Bangalore haben wir das letzte Wochenende mit philosophieren verbracht. Das war genial. Die Leute hier - glaube ich zumindest - kriegen das mit der Muttermilch zum Frühstück, Mittag und Abendessen verabreicht. Als ich noch mit meinen Nicht-Plänen gehadert habe, sagte Abi irgendwann: "Warum willst du das Taj Mahal aufsuchen, wenn du dich hier selbst finden kannst." Wow! Er hat völlig recht. Also bleibe ich da, wo es mir gefällt und lasse mich nicht von selbstgemachtem Reisedruck stressen. Leckomio und zwar blanco!
Felsen am Om Beach
im Moksha
High-Tech im Low-Tech-Pelz
Haeuser
nochmal Kuehe - sie sind ueberall
Und das mit dem selbst finden, klappt auch manchmal ganz gut. Aber besonders genial ist es, wenn man zum Beispiel im Meer rumplanscht und plötzlich merkt, dass man sich wie ein Kind verhält und einfach spielt - ohne Regeln oder was auch immer. Get connected to your inner child.
Nach
einer typisch indischen Busfahrt über Kallamballam nach Varkala sprang
ich vorm Bahnhof aus dem Bus. Ich schaute mich erstmal um, ich wusste
ja, dass ich noch ein paar Kilometer weiter aus der Stadt raus, Richtung
Meer musste.
Da! Eine Touristin im Internet Cafe!
Gleich mal nach guter Unterkunft fragen. Cláudia gab mir den Tipp, mich
im Silent Villas einzuquartieren. Der Name war Programm, denn es lag
etwas ab von der eigentlichen Klippe und war sehr ruhig gelegen. Ein
riesiges Schlafzimmer, ein riesiges Badezimmer und eine Küche ohne
jegliche Einrichtung sollten knapp fünf Euro pro Nacht kosten. Man war
das billig und dazu auch noch verdammt sauber! Ich wusste gleich, hier
bleibe ich erstmal ein bisschen länger. Meine Indienreisepläne musste
ich eh zum Teil über den Haufen werfen, da sonst alles in Hetzerei
ausarten würde. Die Entfernungen hier sind einfach zu groß, um in Ruhe
einmal quer durch das ganze Land zu reisen. Sechs statt zwei Monate
müssten gerade so ausreichen. Ich komm wieder, keine Frage.
Silent Villas
immer rein damit!
Varkala
North Cliff... Auf fünfhundert Metern reihen sich Restaurants,
Unterkünfte, Klamottenläden, Kioske, Schmuckläden, Schneider und
Reisebüros an einer zwanzig Meter hohen Klippe aneinander. Alles sehr
touristengerecht und einigermaßen unaufdringlich. In der Hauptsaison ab
November zieht sich das Meer wohl auch noch auf wundersame Weise von
der Klippe zurück und gibt einen riesigen Strand preis.
North Cliff
beim Paranassam Beach
Am
ersten Abend war ich dann mit Cláudia und Prince - die beide im Silent
Villas residierten - essen. Ein sehr netter Abend. Es stellte sich
heraus, dass Cláudia ihren letzten Abend hatte und morgen die Heimreise
antreten würde. Prince war schon über zwei Wochen da und die beiden
hatten sich sehr gut angefreundet. Sie waren ständig zusammen auf dem
Moped unterwegs und erkundeten die Umgebung.
Dschungelhaus
Papanassam Beach
Prince ist
heute immer noch in Varkala - also seit guten 5 Wochen schon. Das kann
ich gut verstehen, denn es ist total entspannt in Varkala. Zumindest in
der Nebensaison.
gefakte Rolltreppe
Reste vom abgebauten Zirkus in Kollam
irgendwo bei Kollam mit Prince
Monsterziege Kollam
Kollam
Kollam
Mit
Prince bin ich dann auch öfter unterwegs gewesen. Der Kerl ist wirklich
faszinierend. Einen netteren Menschen als ihn wird man lange suchen
müssen. Wir waren zusammen in Kollam unterwegs und haben unter anderem
seine Mutter besucht und eine Backwatertour durch die Kanäle auf Munroe
Island gemacht. Das war so unglaublich ruhig und dörflich dort. Erst
dachte ich, "Na das kann ja öde werden", aber im Endeffekt war es
großartig. Einen Cache habe ich auch noch gelegt
Backwaters
Chicken crossing!
der Typ in der Mitte ist 71 Jahre alt!
Backwaters
Backwaters
driver
Kids auf Autofaehre
Ein
paar Meter weiter südlich vom Cliff gibt es den Papanassam Beach, der
aber wegen der rauhen See nicht zum Schwimmen einlädt. Tagsüber waren
viele indische Touristen dort, abends waren alle Restaurants komplett
leer. In der Hauptsaison muss hier aber die Hölle losbrechen. Dann sind
dort tausende von West-Touristen und die Preise ziehen wohl auch noch
extrem an.
indische Strandtouristen
North Cliff
Klippenlandschaft
dito
mehr Klippen
Transport
An einem
der gammeligen Tage, die ich in Varkala verbracht habe, habe ich mir
ein Moped gemietet und bin in die Berge nach Ponmudi gefahren. 22
Haarnadelkurven ging es den Berg hinauf. Dort oben bin ich dann per
Zufall an einem ziemlich eindrucksvollen Aussichtspunkt gelandet. Für
die 180 Kilometer hin und zurück habe ich locker sechs Stunden reine
Fahrzeit benötigt. Entweder sind die Straßen schlecht oder kurvig oder
beides. Und in den Städten und Dörfern ist immer so viel los, dass man
kaum 20 km/h zustande kriegt.
auf dem Weg nach Ponmudi
Aussicht Ponmudi
Ich
wollte eigentlich "schon" am Sonntag nach zehn Tagen weiter nach Norden
aufbrechen und ging in eines dieser Reisebüros um eine Zugfahrt im
Schlafabteil zu buchen. Zugfahren ist wirklich doof hier, zumindest über
längere Strecken. Man muss ziemlich weit im Vorraus buchen, da die Züge
schon früh überbucht sind. Daher musste ich noch bis Donnerstag
bleiben. Aber hier ließ es sich ja gut aushalten. Also verbrachte ich
noch ein paar Tage mit lesen und nix tun im Juice Shack und abends in
den Bars und Restaurants. Prince war hier auch nicht wegzukriegen, er
sagte immer "There is a little lazyness in Varkala". Wie wahr. Doing
sweet nothing... Ahhhhhh, herrlich!
argh!
Irgendwann
hat sich eine riesige Spinne mit haarigen Beinen in mein Zimmer
verirrt. Mit einer Plastiktüte schnappte ich sie mir, um sie
rauszuwerfen. Das Biest war echt böse und versuchte mich durch die Tüte
doch glatt in den Finger zu beißen! Die hatte echt Kraft, das Zwicken
war deutlich zu spüren. Natürlich war sie am nächsten Tag wieder da und
diesmal ließ sie sich nicht fangen. "Na gut, Spiderman" sagte ich zu ihr
"wenn du mir nix tust, dann tue ich dir auch nichts. Du darfst hier
dann sogar umsonst weiterwohnen." Sie nickte kurz, strafte mich mit
einem abschätzigen Blick und verschwand wieder unter der Küchentür. Ich
habe sie nie wiedergesehen.