Montag, 17. Dezember 2012

Bali Teil 1 und Gili Trawangan

Montag, 29. Oktober 2012

In Singapur ist Roat zu mir gestoßen und wir wollen nun drei Wochen zusammen Bali unterwerfen und das ganze böse Bier gekonnt vernichten.


Bangladeschi Waterworld - Küste

Singapur - Parkplatz


Nach ewigem Anstehen für's Visum im Flughafen winkt mich noch die Security raus. Mit meinen paar eingerosteten Brocken indonesisch kann ich schonmal punkten und alles läuft ganz locker ab. Wir beginnen zu quatschen wärend ich Teile meines Rucksacks auspacke. Die konischen Beedie-Zigaretten aus Indien kommen ihnen ziemlich suspekt vor und sie zerbröseln eine davon. Nach Geruchsproben und meinen Versicherungen "Da ist doch nur Tabak drin, Jungs", ist alles geritzt. Ich gebe ihnen ein paar Beedies zum späteren Verzehr. "Terima kasih, selamat jalan!"

Wir fahren per Taxi durch die tiefe Nacht nach Padang Padang im Süden. Der Taxifahrer scheint halb blind zu sein und fährt lieber in der Mitte der Straße, weicht aber immer noch im vorletzten Moment stokelig aus. Nicht so geil... Eine ungeplante Stippvisite am Strand und wir landen mitten in einer lärmenden, lightshowuntermalten, technolastigen Party. Ich bestelle zwei Bier aus der Kühlbox an der improvisierten Bar. Roat bestellt auch zwei. Der DJ schmeißt den Partyvictims eine Scheibe nach der anderen zum Fraß vor. Wir müssen aber erstmal uns und die Rucksäcke wieder die steile, felsüberhangene Treppe, durch eine Tempelanlage zur Straße raufschleppen. Total fertig gehen wir auf Guesthousesuche und irgendwie hat dann doch noch eins auf. Es ist immerhin schon nach zwölf oder eins. Bisschen auspacken und wieder runter zum Strand.

Strand bei Bingin

big surf

Tanzende Leute, teures Bier, zig verrückte Surf- und Sauftouristen. Wir stolpern zwischendurch mal am Strand hin und her und in einer dunklen Ecke hebt und senkt sich ein nackter Hintern zwischen schwarzen, kantigen Felsen. Die Kopflampe ist wirklich praktisch. Ein Einheimischer klettert mal eben einen gefährlichen 6-Meter-Felsen im Dunkeln hoch. Plötzlich suchen einige schräge Franzosen total panisch nach irgendwelchen geklaut geglaubten Klamotten. Aufgescheucht, wie ein Rudel verwirrter Fledermäuse rennen sie hin und her. Ich leuchte kurz mit meiner Lampe herum, neben uns lagen doch irgendwelche grindigen Lumpen. "Is this maybe what you are looking for?" Die Franzosen sind überglücklich und der nackte Hintern von vorhin plus Begleitung kommen gar nicht mehr klar. "Ihr habt unser Leben gerettet, wir dachten alles ist geklaut worden! Reisepässe, Kamera, Geld, Klamotten! Shit-shit-shit! Fuck-fuck-fuck! Danke-Danke-Danke-Danke!" "Ja-ja, kriegt euch mal wieder ein." Der Abend - die restliche Nacht - verläuft in geschrieenen Gesprächen mit Jungs und Mädels aus aller Herren Länder. Roat tanzt erstmal den Moussolini. Wir gehen, das Bier ist alle. Vorher hätten sie uns da auch nur mit einer ernstgemeinten Bombendrohung wegkomplimentieren können. Und für Roat ist das Wort "Uhrzeit" eh nur eine bedeutungslose Aneinanderreihung gutturaler Grunzlaute. Immerhin hat er soeben diverse Zeitzonen überwunden und damit jeglichen Bezugspunkt auf der Zeitleiste verloren. Ich sah bestimmt nicht besser aus. Nach drei Monaten kann man schonmal ein Wiedesehen feiern!

Bier alle: Check!

ein großer "Tokeh"

Nach verschwitzter Nacht mit vermeintlichen Mückenübergriffen wachen wir viel zu früh in unserem vorher veranstalteten Semichaos auf: Ladekabel, Klamotten, Bücher, Rucksäcke, Ukulele, Toilettenartikel verteilen sich auf Ablageflächen, in Steckdosen und auch auf dem Boden. Draußen ist es heiß. Richtig heiß. Drinnen auch. Aber uns geht es gut. War auch gar nicht so heftig gestern. Wir bleiben noch einen Tag und orgeln mit gemietetem Moped ein bisschen in der Gegend rum, SIM-Karten kaufen. Irgendwo habe ich einen Flyer in die Hand gedrückt bekommen: Schnellboot zu den Gili-Inseln auf Lombok mit Pickup-Service am Hotel für 20 Euro pro Person. Passt und gebucht! Ganz-ganz im Süden Balis bestaunen wir Wellen, Riffe und Surfer bei gekühltem. Irgenwie sind wir schon angekommen und der Tag entwickelt sich von ganz allein in eine Richtung, deren Vektor genau senkrecht auf der Normalität deutschen Arbeitsalltags steht.

making contact

Tankstelle

Mittwoch, 31. Oktober 2012

Ein schnikes, klimatisiertes Großraumtaxi holt uns früh morgens ab und es sammelt noch andere Touristen auf. Als wir die telefonisch reservierten Tickets bezahlen, sagt die Madame am Schalter: "Das ist aber ein richtig guter Deal!" und muss sich erstmal telefonisch rückversichern, ob das alles mit rechten Dingen vor sich geht. Und das tut es. Das Schicksal ist uns gnädig. Das Taxi spuckt uns im Hafen von Benoa aus und wir warten in der Gluthitze des beginnenden balinesischen Tages zwischen buntgewandeten Indonesiern auf den Start des Bootes.


I am a patient boy, I wait, I wait, I wait, I wait

Benoa - Hindu-Opfergabe

die Hochzeitsgesellschaft geht in Lembongan schonmal von Board

Zwischenstopper

Die Fahrt ist halsbrecherisch rasant und wir klappern noch einige andere Inseln ab. An Balis Küste entlangbretternd hat man eine übertriebene Breitbildaussicht. Das Meer glänzt in dieser Tuschkastenfarbe namens Ultramarinblau. Roat kriegt große Augen als wir uns den Gilis nähern. Das Paradies zeigt sich heute aber auch wirklich von seiner allallallerleckersten Schokoseite. Drei, mit gülden leuchtendem Sandstrand umgebene, kleine, runde Inseln, ausreichend Grünbestand und türkises Wasser in Ufernähe - das sind die Gilis - bei allerbestem Wetter plus prickelnder, salzschwanger gehender Seeluft die in einer soften Brise den Riechkolben umschmeicheln möchte. Im Hintergrund thront Lombok unter einer dicken, weißen Wolkendecke.

Bali Küste mit großem Vulkan

Tauchkutter

Korallenstrand

Angelandet auf Gili-Trawangan bekomme ich dann große Augen! Was ist denn hier passiert? Vor acht Jahren standen hier ein paar mittelgute und ein paar schäbige Unterkünfte locker in der Strandgegend rum und es tummelte sich eine eher magere Schaar an Touristen und Abzockern. Jetzt ist plötzlich die komplette östliche Uferpromenade vollgestellt. Eine Unterkunft besser als die andere, fette Restaurants und ein quirliger Hafen. Später sollte sich herausstellen, dass fast die komplette Insel von Strandlokalen und teils exorbitant teuren und oberluxuriösen Ressorts umzingelt ist. Außerdem gibt es neuerdings Süßwasser mit einem heimlich untergemischten Anteil Meerwasser für die Duschen und Pools. Irre! Und eine sogar Moschee, die uns zwar die Nerven rauben will, aber nicht kann. Doch eins gleich ist geblieben: keine Mopeds, keine Autos. Dafür Pferdekarren und Leihfahrräder.

Fahrradverleih

Taxis

LKW am Hafen

Ich stelle Roat in einem Strandlokal ab und mache mich mal auf Unterkunftssuche. Schweißtreibend. Nervig, weil alles ziemlich teuer ist. Irgendwann habe ich die Schnauze voll und miete mir ein Fahrrad. Nach zähem Verhandeln zahle ich 2 Euro dafür und finde dann auch eine passende Bleibe für runtergehandelte 20 Euro die Nacht: das Brothers. Das Verhandeln steckt mir inzwischen in den Knochen, zumindest kann man ja mal fragen, ob es auch günstiger geht. Ich hole Roat ab, schmeiße ihn und die Rucksäcke in einen dieser Pferdekarren und krepele auf der rostigen Schäse mit platten Reifen und funktionsneutralen Bremsen zurück zum Brothers.

Die Tage und Abende plätschern angenehm vor sich hin. Wir bleiben derer fünf.

Sate

Edelcurry

Schüler vom Festland müssen für den Englischunterricht Touris interviewen und filmen

Hey Brothers, Breakfast!

Beim schnorcheln direkt in Strandnähe zeigt sich eine ziemlich intakte Unterwasserwelt mit allem, wonach das Aquaristenherz schmachtet. Sogar ein paar Riesenschildkröten geben uns vereinzelt die Ehre. Sie knabbern träge am Korallenbestand herum und tauchen ab und zu gemächlich zur Oberfläche auf, um dann ihr schnabelartiges Maul zu öffnen und nach Luft zu schnappen. Majestätisch paddeln sie wieder nach unten und setzen ihren Apnoetauchgang fort. Das muss man mal in 3D gesehen haben, es ist herzergreifend. Ich tauche hinab zu einem dieser Urzeitviecher und will mal den Panzer berühren. Sie steigt gerade herauf und ich schubse sie aus Versehen beim Anfassen etwas von mir weg. Sie dreht mir ganz langsam den Kopf zu und blickt mich irgendwie verächtlich, genervt und böse an. "Wir waren lange vor euch hier!" muss das bedeuten. Dann winkt sie gelangweilt ab und setzt ihren Aufstieg fort. Geläutert und schlechten Gewissens halte ich Abstand und drehe noch ein paar Runden über ihr, als sie wieder unten ist.

bekloppter Sonnenschutz

nee, lass mal

auch bei Sonne sind Sterne (Bintang) zu sehen

Barrakuda!

Roat und ich braten auf schäbigen Strandliegen vor uns hin und zählen rückwärts, bis es endlich vier ist. Da die innere Uhr um genau die fehlende Zeitspanne vorgeht, machen wir das Zählen zu einem Problem-Anderer-Leute und ordern erstmal zwei Bintang-Biere. Sie passen saugend in den sogenannten Lombok. Der Lombok ist ein hochtechnisches Gerät, ein geniales Abfallprodukt aus der Astrophysik - Abteilung Schwarze Löcher, Unterkategorie Schwarzschildradius. Diese Erfindung stellt den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik auf den Kopf. Der Lombok funktioniert!, das Bier bleibt kalt. Wenn er könnte, würde sich Stephen Hawking die letzten Haare raufen.

blauer Lombok im Einsatz

Miezi hat sich unbemerkt eingeschlichen und auf dem Bett gepennt

irgendwann zwischen 8 und abends

improvisierter Ommenschutz

Arbeitsergebnis dreier Touris + einem Local

Die Abende sind lang. Wir sind natürlich ständig unter den letzten Überlebenden. Jedoch sind die Vorräte der Kioske am Folgetag wie von Geisterhand wieder hergestellt. Unter solchen Umständen kann man natürlich für nix garantieren. Aber noch werfen wir den Sarong nicht in den Straßenstaub.

abends
nachts

ein verrückter Franzose hat sein Akkorden nach Indonesien mitgenommen

wir singen mit...

französisch-deutsche Kammermusik







Sonntag, 9. Dezember 2012

kleines Update

Puh, langsam hänge ich mit dem Blog hinterher. Ich war fünf Wochen auf Bali, eine Nacht auf Lombok und bin dann auf einem 4-Tage-Bootstrip nach Flores übergesetzt. Der Boot-Trip war grandios, überirdisch, unglaublich und hätte den Namen "Serviervorschlag" redlich verdient. Ein Muss! Aber zu all dem irgendwann mehr.

Jetzt gerade wieder stehe ich vor einem Berg. Es ist ein Berg von Fotos. Ein Berg von 2600 (in Worten: eine Milliarde) Fotos, die in Bali geschossen wurden und ich bin gerade halb durch mit ausmisten. Die letzte absolvierte Etappe ist aber schon ein paar Tage her. Das ist einer dieser Berge, bei denen es erstmal leichter ist, sie vor sich herzuschieben anstatt den Gipfel zu erklimmen und dann ganz easy mit dem Fahrstuhl wieder runterzufahren. Aber das Schieben kostet auch Kraft - zumindest ist da so ein Dorn im Kleinhirn, der immer wieder mal piekst.

Ich schiebe noch ein bisschen...



Sonntag, 18. November 2012

Varanasi

Dienstag, 23. bis Sonntag 28. Oktober 2012

Ich hatte ja gehört, dass man hier in Varanasi ständig verarscht wird, aber das ging mir dann doch zu schnell. Der Taxifahrer, der mich vom Flughafen zum Ganges bringen sollte, hatte wohl keine Lust mehr, weiterzufahren. Er schmiss mich raus und sagte: "Hier geht es nicht weiter. Noch 200 Meter, diese Richtung." Als ich dann nach 500 Metern stutzig wurde, sagte mir ein Blick auf Google Maps, dass er mich gute vier Kilometer vorm Ziel rausgeschmissen hat! Weiterlatschen mit vollem Gepäck, Nachts um zwölf. Die Straßen waren voll mit Leuten, irgendeine Festivität war wohl im Gange. Als ich dann die Faxen dicke hatte, habe ich mir eine Fahrradrickscha genommen. Der Fahrer konnte aber nach der halben Strecke nicht mehr. Er war besoffen und hatte einfach keine Kraft mehr. Also: weiterlatschen mit vollem Gepäck.

Altstadt bei Tag

Fahrradrickscha

Am Ganges bin ich dann zu allem Überfluss nach rechts anstatt nach links gegangen und ein Inder verfolgte mich, um mich in "sein" Hotel zu locken. Da alle anderen scheinbar schon zu waren - es war jetzt gut und gerne ein Uhr morgens -, ging ich dann doch auf ihn ein. Mit ein bisschen Verhandlung, konnte ich einen einigermaßen akzeptablen Zimmerpreis raushauen. Meine erste Unterkunft ohne Badezimmer - Gemeinschaftsklo und -dusche. Kann man sich dran gewöhnen, aber eigenes fließend Wasser und eine eigene Schüssel oder Hocktoilette sind schon deutlich angenehmer.

Wegweiser
Am Mittwoch morgen wollte ich zum Geldautomaten auf der Hauptstraße, aber in den Gassen habe ich mich doch glatt so komisch verirrt, dass ich in der entgegengesetzten Richtung und am Ganges gelandet bin. Die Altstadt von Varanasi ist ein einziges Labyrinth aus schmalen Gassen. Keine ist breiter als drei Meter, manchmal auch kaum 1,50 breit. Alles ist total verwinkelt und voller Menschen, Kühe, Hunde, Katzen und Ziegen. Kufladen und Müll, Shops in buntem Wechsel. Die Wände sind mit handgemalten Wegweisern zu Hotels und Shops verziert, so dass man sich einigermaßen zurechtfinden kann. Aber das, wo ich im Endeffekt landete, war nicht ausgeschildert. Es war einer der beiden Plätze, an denen die Toten verbrannt werden.

Müllabfuhr?

am Burning Ghat

Ich setzte mich auf die Stufen bei einem Chai-Shop und schlürfte einen Milchtee während in Sichtweite eine Leiche nach der anderen in Tücher gehüllt angeschleppt wurde. Nach einem kurzen Bad am Ganges kamen sie dann auf einen kleinen Scheiterhaufen. Manchmal guckten unten noch zwei angekokelte Füße raus oder oben der Kopf. Der Tee war gut, ich bestellte noch einen.

Ein 20-jähriger aus Varanasi erzählte mir, wie der Ganges doch vor 10 Jahren noch ausgesehen hätte. Klares Wasser und ein deutlich höherer Wasserstand. Das waren wohl verklärte Kindheitserinnerungen... Aber es ist schon echt krass, was alles in diesem Fluss landet: Leichenasche und Leichenteile, die ganzen Tücher und Opfergaben für die Leichen und dazu noch komplett das Abwasser der Stadt und ordentlich Müll.

Varanasis kleinster Shop?


Nachdem ich da abgehauen bin, verfolgte mich ein Inder und sagte, dass es verboten wäre, die Verbrennungen zu fotografieren. Ich hatte  natürlich ein paar Bilder geschossen. Ich müsse ihm jetzt eine Spende in die Hand drücken. Mann, war der hartnäckig. Aber es war ja klar, dass diese "Spende" nur in seiner eigenen Tasche landen würden. Am Ende hat er mich angefaucht und ständig gesagt, dass ich doch gar kein Mensch sei und wurde richtig ätzend. Ich habe durchgehalten und ihn stehen lassen.

Sufis

Palak Paneer mit Chapati und Chai

gelangweilt

Aber er hat irgendwas bei mir hinterlassen, so dass ich doch noch eine richtige Spende geben wollte. Vielleicht gibt es da ja wirklich. Das habe ich auch getan und eine alte Frau segnete mich und sagte ein paar Worte in Hindi. Aber ob diese Aktion nun echt war oder nicht, ich werde es nie rausfinden. Aber es hat sich zumindest echt angefühlt - von daher ist das ok. Der Typ der mich zur Donation geführt hat, hat jedoch auch das blaue vom Himmel runtergelogen, um mir eine größere Spende aus dem Kreuz zu leiern. Wer weiß schon, was hier gegenüber den Touristen echt und was fake ist. Naja, der Eindruck zählt.

Ommmmmm Shanti Shanti

nebulös

Pisa lässt grüßen

gaaanz früh morgens

Über der Stadt standen zig kleine Drachen in der Luft. Die Kinder hatten heute frei und ließen sie steigen. Eine vielleicht hundert Meter lange Schnur und ein ultraleicht-Gestell reichen aus, auch bei dem leisesten Lüftchen so einen Kollegen in die Höhe zu befördern. Sie standen auf diesen Dächern der Häuser und hatten ihren Spaß damit. Die Dächer sind mehr wie 360°-Balkone, also Nutzfläche zum Schlafen, Wäsche aufhängen, leben und (haus)arbeiten. Gleich gegenüber des Puja-Hotels war sogar ein Taubenzüchter, dessen Federvieh da rumflatterte. Auch die Affen sind begeistert von diesen Dächern und hangeln sich über der Stadt durch die Lüfte. Bodenkontakt ist wohl nur den Zwei- bis Vierbeinern vorenthalten.

Ratti

von oben

"Der Ganges ist die Lebenslinie der indischen Kultur"

Zerenomie Business

Abends ging die oben genannte Festivität zuende und am soundso Ghat war eine unglaubliches Gedränge. Ghats sind diese Treppen, die zum Fluss runterführen. Gedränge ist das, mit die vielen Leute. Dieses mit-die-viele-Leute ist täglich an diesem Ghat, um 18:30 wird das Puja Ganga (Ganges blessing) abgehalten. Lichter werden auf dem Fluss ausgesetzt und Zeremonien durchgeführt. Doch an diesem Tag war dort die Hölle los. Zum Beispiel wurden riesige Shiva-Figuren in den Ganges geschmissen.

beim Puja Ganga

beim Puja Ganga

beim Puja Ganga


Am Freitag latschte ich mal die Ghats flussabwärts ab. Eine rote, große Brücke über den Ganges zog mich schon seit Ankunft magisch an. Eine einfache Auto- und Eisenbahnbrücke zwar, aber irgendwie musste ich da hin. Die Szenerie auf dem Weg dorthin bekam mehr und mehr einen dörflichen Touch, obwohl die Häuser immer noch groß waren. Es war irgendwie einfacher, weniger hektisch. Auch war mehr Platz, es war alles nicht so nah an den Ganges gebaut. Die Leute wuschen Ochsen im Fluss, die Kinder spielten im Sand. An der Brücke angekommen, ging ich einfach mal rüber und musste entdecken, dass die Straße noch endlos auf Brückenpfeilern weiterging. Ich drehte irgendwann wieder um, um mir den Markt anzusehen, den ich am Brückenanfang queren musste. Ein 50-jähriger Inder auf dem Fahrrad hielt an und wir begannen ein kurzes, sehr herzliches Gespräch. Interessiert am Gegenüber und völlig ungezwungen. Man kann diese Art von Gesprächen nicht mit unserem Fahrstuhl- oder Kantinensmalltalk vergleichen, obwohl auch nicht mehr dabei - zumindest auf der Tonspur - rüberkommt. Obwohl, es ist anders. Man spricht über Job und Familie, aber ... ach, Mist, erlebt es selbst. Man kennt sich nicht, man sieht sich niemals wieder, aber man erzählt offen, ohne sich darstellen zu wollen. Man sagt einfach gerade heraus, wie es ist. Vielleicht passt das ganz gut: man trägt keine Maske, gerade weil man sich nie wiedersieht. Als ich auf dem Rückweg über die Brücke in einem herangewunkenen Tuk-Tuk an ihm vorbei fuhr und grüßte, freute er sich riesig.

Öhne

Verkehr

Büffel

Kids
Der Markt war miefig und klein, einfach und effizient. Obst, Plastikgedöhns, Fische, Eisenwaren usw. Ein Barbier hatte einen Spiegel an eine Mauer gehängt und eine blauen Stuhl davorgestellt. Das und nicht mehr, war sein Friseurladen. Zurück zu meinen Ghat nahm ich eine Fahrradrikscha.

Friseurladen

Straßenszene

Abends habe ich noch von einer "German Bakery" gehört, die sehr gut sein sollte. Käse! Käsekuchen! Salami! Da musste ich hin.

Morgens, Samstag, suchte ich den Laden auf. Die an die Häuserwände gemalten Wegweiser wegweiserten mir weise den Weg. Das Essen war top. Auch wenn der Gouda aus der Plastikverpackung kam und die Salami eher aus großen Fettklumpen bestand - es war ein Hochgenuss. Eine ältere Deutsche aus Braunschweig erzählte von Nepal und ich biss ins Körnerbaguette. Ich gab ihr noch die Adresse von einem Physiotherapeuten aus Garbsen. Herr Münch, das waren Sie, schöne Grüße! :)

Sufi beim kiffen

vom Ganges aus

Zeremonienabfälle

Sonntag ging es dann nach Delhi. Scheiden von Varanasi tut weh. Delhi war, gelinde gesagt, einfach Scheiße. Ich hatte ja auch nur ein paar Stunden Zeit und habe wohl die falsche Ecke gewählt. Aber da muss ich nicht mehr hin. Und Montag früh ging dann der Flattermann nach Bali. Kapitel abgeschlossen. Indien adé.



Ich habe knapp 1800 Euro für zwei Monate ausgegeben, inklusive zwei Inlandsflüge für zusammen 220 Euro.

Indien, tja, Indien... Ein Fazit fällt schwer... Zwei Monate sind zu wenig, zwei Jahre sind vielleicht genug. Wer hat an der Uhr gedreht? Obwohl hier die Zeit in den meisten Ecken um so viel langsamer läuft als bei uns. So viel Armut und so viel Schönes. So viele Kühe und kultureller Reichtum. So viel Freundlichkeit und so viel Abstoßendes. Um nur eine Hassliebe zu entwickeln, bin ich aber schon viel zu abgehärtet. Deshalb, liebes Indien und liebe Inder: "Ich komm' wieder, keine Frage!"